Wie Heilige unser Wetter bestimmen

Bauernregeln und Naturweisheiten im Jahreslauf
Kurt Haberstich / Gerhard Hartmann
304 Seiten, mit SW-Abbildungen
Verlag Butzon & Bercker, D-47623 Kevelaer, ISBN: 978-3-8367-0040-5

Vorwort
„Wie Heilige unser Wetter bestimmen“ – das ist eine auf den Punkt gebrachte Beschreibung der im Laufe von Jahrhunderten entstandenen bäuerlichen Wetterregeln. Sie wurden jeweils an bestimmten Heiligengedenktagen festgemacht, und so bekamen die betreffenden Heiligen Zuständigkeiten für den Wetterverlauf und damit auch für den Ernteerfolg. An die 2900 solcher alter Bauernweisheiten in Reimform finden sich in diesem Buch. Sie sind monats- sowie tagesweise zusammengefasst. Hinzu kommen noch biographische Hinweise über die betreffenden Heiligen sowie Informationen über die bäuerliche Arbeitsweise vor hundert Jahren.
Das Buch stellt somit eine Dokumentation von Wetterregeln und Naturweisheiten in Verbindung mit der Volksfrömmigkeit und der Heiligenverehrung dar. In Zeiten der Rückbesinnung auf die Natur sowie auf eine natürliche Lebensweise und Ernährung ist es daher ein interessantes Nachschlagewerk sowie eine Dokumentation der Erfahrungen unserer Vorfahren über das Wetter und den daraus geschlossenen Folgen für die Landwirtschaft, insbesondere für Aussaat und Ernte.
Ergänzt wird diese Darstellung durch ausführliche Erklärungen über die Lostage, die Entstehung des Kalenders, die Kalenderreformen sowie das Kirchenjahr mit seinen Festen und Gedenktagen. Ein Kalendarium sowie ein alphabetisches Heiligenregister erleichtert das Nachschlagen. Die Abbildungen im Text stammen von Kurt Haberstich.

Westfälische Nachrichten, 20. März 2018 (Johannes Loy)
Bauernregeln und Naturweisheiten
Alle Wetter!
Satellitenbilder gibt es erst seit einigen Jahrzehnten, Funk- und Telefonverbindungen von Wetterstationen schon etwas länger. Otto von Guericke erkannte 1660 erstmals den Zusammenhang zwischen dem Abfallen des Luftdrucks und dem Aufzug eines Unwetters.
Bis ins 19. Jahrhundert hinein mussten sich die Menschen bei der Wettervorhersage aber auf – natürlich ungenaue – Bauernregeln oder Naturweisheiten verlassen. Das waren in aller Regel Erfahrungswerte, die die Menschen, besonders jene, die auf punktgenaue Aussaat, Wachstumszeit und Ernte angewiesen waren, also die Bauern, kannten und tradierten. Die enge kulturelle Verflechtung von Arbeit und Glaube brachte es mit sich, dass das Wetter mit Heiligentagen in Verbindung gebracht und zum besseren Merken auch in Reimform gepresst wurde. Kurt Haberstich und Gerhard Hartmann haben in diesem höchst aufschlussreichen Buch viele Hundert Bauernregeln zusammengefasst. Nach grundsätzlichen Überlegungen zum Kalender allgemein, zum Heiligenkalender und zum bäuerlichen Arbeitsjahr im Besonderen gehen sie schön säuberlich die Monate von Januar bis Dezember durch. Eine Kostprobe aus dem März gefällig? „Wenn der März viel Schnee verweht, eine gute Ernt’ in Aussicht steht“. So gesehen wird es doch ein fruchtbares Jahr! Und allen, die meinten, sie müssten jetzt schon rund um den bei Gartenfreunden natürlichen Festtag der hl. Gertrud von Nevilles (17. März) unbedingt in den Garten, sei gesagt: „Sä’st Du im März zu früh, ist es oft vergeb’ne Müh!“ Davon mal abgesehen, finden sich zurzeit im Garten ja ohnehin nur Matsch. Das Buch, das man sich am besten auf ein Lesetischchen ins Wohnzimmer legt, wo es immer griffbereit ist, wird durch Schön- und Schlechtwetterregeln abgerundet. Selbst der, der mit Barometer, Hygrometer und Thermometer auf hochtechnischem Niveau agiert und sich die Wetterdaten der Welt auf sein digitales Endgerät holt, wird an diesen urwüchsigen und praktischen Tipps seine Freude haben.
Kurt Haberstich / Gerhard Hartmann: Wie Heilige unser Wetter bestimmen.
Bauernregeln und Naturweisheiten im Jahreslauf. Topos, 301 Seiten, 20 Euro.

Buchtipp im ZDF Text Seite 553, 23. April 2018
Wie Heilige unser Wetter bestimmen.
In dem religionsphilosophischen Taschenbuch tragen die Autoren einige alte, das Wetter betreffende Bauernregeln zusammen, die im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind und sich an bestimmten Heiligengedenktagen orientierten, was den jeweiligen Heiligen eine Zuständigkeit für das Wetter und den Ernteerfolg verlieh.
Das Buch ist gut verständlich und nachvollziehbar, da der Leser anfangs sowohl einige Hintergrundinformationen über die Arbeitsumstände der damaligen Bauern, als auch über die Zusammenhänge zwischen den alten Naturweisheiten und den Heiligen erhält.

Luzerner Pfarreiblatt 11 1. - 15. Juni 2018 (Dominik Thali)
Die Heiligen und die Bauernregeln
Das Wetter ist allemal heiligmässig
Aufgepasst am 27. Juni: Regnet es am Siebenschläfertag, droht der Sommer nass zu werden. «Eine der treffsichersten Bauernregeln», weiss Kurt Haberstich. Tausende davon hat er mit Gerhart Hartmann in einem Buch gesammelt.
Der Gedenktag für die sieben Schläfer von Ephesus erinnert an eine Legende aus der Zeit der Christenverfolgung unter Kaiser Decius (249–251). Sieben junge Männer suchten in einer Berghöhle Zuflucht, wurden aber entdeckt und lebendig eingemauert. Sie sollen daraufhin in einen tiefen Schlaf gefallen sein, aus dem sie im Jahr 446, als die Höhle entdeckt und geöffnet wurde, wieder erwachten. «Siebenschläfer». der 27. Juni also, ist ein Tag mit grosser Bedeutung für das Wetter des Jahres, ein sogenannter Lostag (siehe Anhang). «Das Wetter am Siebenschläfertag, sieben Wochen halten mag», lautet entsprechend eine Bauernregel. «Man konnte nur hoffen, dass an diesem Tag schönes Wetter war, so brauchten die Bauern sich nicht um ihre Ernte zu sorgen», sagt Kurt Haberstich.
2900 Bauernregeln
Der 70jährige gebürtige Aargauer lebte und arbeitete lange im Kanton Luzern, zuletzt als Leiter eines regionalen Arbeitsvermittlungszentrums (RAV). Inzwischen ist er in Appenzell daheim. Das Buch «Wie Heilige unser Wetter bestimmen», das Haberstich mit dem deutschen Theologen Gerhard Hartmann geschrieben hat, ist eine von vielen seiner volkskundlichen und literarischen Veröffentlichungen. Fast 2900 Naturweisheiten, die in Verbindung mit der Volksfrömmigkeit stehen, haben die beiden zusammengetragen. Sie sind nach Monaten geordnet, dazu hilft ein Heiligenregister bei der Suche. Erklärungen zu den Lostagen, zum Kalender und Kirchenjahr machen das Nachschlagewerk vollständig.
Die Siebenschläfer-Bauernregel sei «eine der treffsichersten», hat Haberstich festgestellt und liefert eine umfassende meteorologische Erklärung dazu. Beziehe man die Regel auf Ende Juni, Anfang Juli, dann treffe sie in zwei von drei Sommern bis zu 70 Prozent tatsächlich zu. Man rechne.
Regeln, die immer zutreffen
Wer das alles für Firlefanz hält, der wird immerhin an den Scherzregeln Freude haben, welchen die Autoren drei Seiten einräumen. Zumal diese meist zu 100 Prozent zutreffen. Denn «scheint die Sonne warm im Mai, weiss man, dass April vorbei». Stimmt doch, oder?
Bauernregeln und Lostage
Feste und Heiligengedenktage waren früher für die Menschen, die kein numerisches Datum kannten oder nicht lesen konnten, wichtig, um dem Jahreslauf eine Ordnung zu geben und ihr Leben danach zu organisieren. Ihre jahrhundertealten Wettererfahrungen fassten sie in Kurzreimen zusammen und machten diese an einem Heiligengedenktag fest. So entstanden Bauernregeln.
Lostage sind nach dem Volksglauben für die Bauern besonders wichtig zum Säen und Ernten. Der Begriff könnte sich vom althochdeutschen «hlosen» für «hören» ableiten. Lostage seien demnach Tage, auf die man hören sollte, im Sinn von beachten.

ERBE UND AUFTRAG Benediktinische Zeitschrift – Monastische Welt (Heft 4/2018)
Herausgegeben von der Erzabtei Beuron Schriftleitung: Dr. Albert Schmidt OSB Abteistraße 2, D-88631 Beuron
Lothar Stresius, Aachen
„Manche Pflanze wird nicht alt, denn die Sophie liebt es kalt“. Solche und ähnliche Sprüche kennt in einem bestimmten Alterssegment fast jeder. Mit Sophie ist die hl. Sophia gemeint, deren Gedenktag am 15. Mai jeden Jahres begangen wird. Dem Spruch liegt die Erfahrung des Bauern zugrunde, dass es Mitte Mai immer noch kalte Tage geben kann, die für manche Pflanzen schädlich sind. Sophie ist eine der vier „Eisheiligen“. Die Autoren des vorliegenden Buches haben das gesamte Kirchenjahr im Hinblick auf die Heiligengedenktage untersucht und die dazugehörigen Bauernregeln zusammengestellt. 2900 Bauern- und Wetterregeln sind es geworden. Ohne das heutige meteorologische Wissen sind jahrhundertealte Erfahrungen vor allem der Bauern eingeflossen, weil der landwirtschaftliche Ertrag der Bauern vom Wetter abhing. Bereits damals konnten Sprüche für ein und denselben Tag unterschiedlich und widersprüchlich ausfallen. Wie auf heutigen Wetterkarten zu sehen, kann es zur gleichen Zeit in Norddeutschland regnen, während in Süddeutschland die Sonne scheint. Heilige haben nicht nur ein bestimmtes Ressort, in dem sie kompetent sind. „Auf die Wetter- und Bauernregeln bezogen bedeutet das, dass die Inhalte mancher dieser Sprüche den Eindruck erwecken, als ob der betreffende Heilige für eine bestimmte Wettersituation verantwortlich sei“ (17). Neben der Zusammenstellung der Bauernregeln gibt es im Buch zu jedem Heiligen eine kurze biographische Notiz. Hinzugefügt sind unabhängig vom speziellen Gedenktag „Schönwetterregeln“, „Schlechtwetterregeln“, „Gewitterregeln“ und „Scherzregeln“. Das Buch empfiehlt sich als Nachschlagewerk. Der Leser wird bei der Lektüre so manches Aha-Erlebnis haben. Die Kirche der Heimatgemeinde des Rezensenten ist den heiligen Cornelius und Cyprian geweiht. Für den 16. September erfährt er über die entsprechende Bauernregel etwas, was er immer schon erahnte: „Um Cornelius und Cyprian fangen die langen Nächte an“ (199).

Kirche In Heft 10/2018
Das internationale, christlich-ökumenische Nachrichtenmagazin, Keplergasse 8, A-1100 Wien

Wie Heilige unser Wetter bestimmen
Im Laufe von Jahrhunderten entstanden bäuerliche Wetterregeln. Sie wurden jeweils an bestimmten Heiligengedenktagen festgemacht, und so bekamen die betreffenden Heiligen Zuständigkeiten für den Wetterverlauf. Kurt Haberstich und Gerhard Hartmann haben vor kurzem ein Buch unter dem Titel „Wie Heilige unser Wetter bestimmen“ herausgebracht. Darin finden sich 2900 alte Bauernweisheiten in Reimform.
(Mit den Autoren sprach Kirche In-Reporter Bertold Siegmar)

KI: Die Wetterbeobachtungen, die Sie in Ihrem Buch beschreiben, haben Menschen im Laufe der Jahrtausende gesammelt. Wäre es möglich, den neuzeitlichen Heiligen solche Eigenschaften wie z. B. Betreuung mancher Berufsgruppen, Hilfe bei der Krankheit oder Wettervorhersage zuzuschreiben? (Mutter Teresa – Patronin der Modedesigner?)
Haberstich: Ob es möglich ist, überlasse ich anderen. Meiner Meinung nach sind Jahrhunderte alte Wetterbeobachtungen, und den daraus möglichen Folgen für die Bestellung der Felder und die Ernte, neuzeitlichen Heiligen zuzuordnen weder notwendig noch sinnvoll.
Hartmann: Die den Heiligen für ihre Gedenktage zugeschriebenen Wetterregeln basieren auf zum Teil jahrhundertelangen Beobachtungen der bäuerlichen Bevölkerung für einen bestimmten geographischen Großraum. Damit entfallen solche von vornherein für Heilige der jüngeren Zeit. Auch bezweifle ich, dass unabhängig davon noch solche entstehen, da der Anteil der inzwischen in der Landwirtschaft Tätigen auf rd. 5 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung gesunken ist. Ähnliches gilt für die Patronschaften, die sich ebenfalls über einen langen Zeitraum im Volksglauben entwickelt hatten. Bei der genannten Mutter Teresa könnt man sie sich sie u. U. als Patronen gegen Lepra bzw. für das Krankenpflegepersonal vorstellen. Warum sie aber Patronin der Modedesigner sein soll, erschließt sich mir jedoch nicht.

KI: Durch Kalenderreformen wurden manche Wettervorhersagen verschoben. Welche Bedeutung haben die alten Vorhersagen?
Haberstich: Um eine möglichst hohe Genauigkeit dieses traditionellen Volksgutes zu erzielen, gilt es zu beachten, dass die allermeisten Regeln regionale Erfahrungen wiedergeben. Wenn also ein Spruch in einem Berggebiet entstanden ist, kann er nicht im Mittelland angewendet werden. Bei vielen Bauernregeln ist der Ursprung jedoch unbekannt. Deswegen gibt es auch gegensätzliche Sprüche, weil einige vom Flachland und andere aus dem Alpenraum stammen mögen. Zudem muss die Entstehungszeit jeder Regel und eine eventuelle Verschiebung des Kalendariums in Betracht gezogen werden, denn die Einführung des Gregorianischen Kalenders im Jahre 1582 hat viele alte Bauernregeln „aus dem Tritt gebracht“. Bei dieser Kalenderreform liessen die Gelehrten nämlich 10 Tage ausfallen, sodass auf den 4. Oktober sogleich der 15. Oktober folgte. Werden diese Abweichungen berücksichtigt, weist bei der Anwendung der alten Feststellungen manche davon eine oft erstaunliche Zuverlässigkeit aus. Im Weiteren sei darauf hingewiesen, dass Bauern- und Wetteregeln nie den Anspruch auf Gesetzmässigkeiten erhoben, sondern, wie es der Name sagt, als Regeln befolgt werden können.
Hartmann: Ergänzend sei dazu bemerkt, dass auch die Kalenderreform 1969/70 Gedenktage über einen erheblichen Zeitraum verschoben hat, so etwa den Siebenschläfertag vom 27. Juni auf den 27. Juli. Die für den Siebenschläfertag geltende Regel gilt natürlich für den 27. Juni. Sie besagt, dass das Wetter an diesem Tag sieben Wochen anhält. Das dürfte für diese Jahr sogar stimmen, zumindest für das Rheinland, wenn ich an die hier schon lang andauernde Hitze- bzw. Trockenperiode denke.
Das traf übrigens auch beim Erscheinen des Buches am 22. Februar (Petri Stuhlfeier) zu, wo es heißt: „Ist Sankt Petrus kalt, hat die Kälte noch Gewalt.“ In der Tat war es dann bis in den März hinein für die Jahreszeit viel zu kalt.

KI: Die Zeit wird immer genauer vermessen. Können Sie sich weitere Kalenderreformen vorstellen und das Betrauen der neuen Heiligen mit neuen Funktionen?
Haberstich: In meinem letzten Lebensabschnitt nicht. Wenn es dereinst soweit kommt, ist es Sache der Kirche, neue Heilige mit neuen Funktionen zu betrauen. Ob diese dann auch für das Wettergeschehen zuständig sein werden, ist eine andere Frage.
Hartmann: Dazu siehe meine erste Antwort. Die Gregorianische Kalenderreform von 1582 war eine notwendige Korrektur bzw. Angleichung an das Sonnenjahr. Eine solche Korrektur liegt in allerfernster Zukunft. Die kirchliche Kalenderreform 1969/70 war eine Folge der Liturgiereform auf dem II. Vatikanum. Bei neueren Heilig- und Seligsprechungen wird in der Regel deren Todestag als liturgischer Gedenktag genommen. Den neuen Heiligen fehlen in der Regel Verankerungen im Volksglauben, die die Voraussetzung für solche Regeln und Patronschaften sind.

KI: Haben die Heiligen in der Zeit der Computer und Satelliten ausgedient?
Haberstich: Weil es früher bekanntlich noch keine anderen Wettervorhersagen gab, hielten sich die meisten Bauern an die Regeln. Die heutigen jungen Bauern richten sich meines Wissens grösstenteils nach den modernen Wetterprognosen.

KI: Die Lostage assoziiert man mit Aberglauben. Wie finden sie Platz in einem religiösen Kalender?
Haberstich: Lostage sind nach dem Volksglauben für die Wettervorhersage bedeutsame, mit Glück verbundene Tage, für den Bauern besonders wichtig zum Säen und Ernten. Sie sind leicht zu merken, weil sie sich auf Namenstage von Heiligen (Schutzpatronen) oder auf Kirchenfeste beziehen. In Zeiten, als die meisten Menschen keinen Kalender besassen, waren daher die Regeln zu den bekannten Merk- und Festtagen eine willkommene Orientierungshilfe.
Der Ursprung ihres Namens liegt darin, dass diese Tage früher als eine Art „Los“ gesehen wurden, das man „zieht“. Von diesem „Los“, von dem Geschehen an diesem Tag, schloss man auf zukünftige Ereignisse, hauptsächlich in Zusammenhang mit der Entwicklung des Wettergeschehens. Nach einer anderen Erklärung leitet sich der Begriff „Lostag“ vom althochdeutschen Wort „hlosen“ für „hören“ ab. Der Wortstamm führt zum mundartlichen „luren“ oder „lusen“. Lostage sind demnach Tage, auf die man „hören“ im Sinne von „beachten“ sollte, um eine Wettervorhersage für die kommende Zeit machen zu können.

KI: Beziehe man die Regel auf Ende Juni, Anfang Juli, dann treffe sie in zwei von drei Sommern bis zu 70 Prozent tatsächlich zu. Wie treffsicher sind die Bauernregeln?
Haberstich: „Das Wetter am Siebenschläfertag, sieben Wochen halten mag.“
„Regnet es am Siebenschläfertag, es noch 7 Wochen regnen mag.“
Siebenschläfer am 27. Juni ist ein Tag mit grosser Bedeutung für das Wetter des Jahres. Man konnte also nur hoffen, dass am Siebenschläfertag schönes Wetter war, so brauchten die Bauern sich nicht um ihre Ernte zu sorgen.
Statistische Analysen ergaben, dass die Regel zwar nicht für den Siebenschläfertag selbst, jedoch für die erste Juliwoche zutrifft, was mit dem Jetstream zusammenhängt, welcher sich üblicherweise Ende Juni bis Anfang Juli für einige Zeit stabilisiert. Liegt er im Norden, so werden Tiefdruckgebiete meist in Richtung Nordeuropa abgelenkt und Hochs dominieren das Wetter im südlichen Mitteleuropa, liegt er weiter südlich, so können Tiefs über Mitteleuropa hinwegziehen.

KI: Entstehen heutzutage neue Bauernregeln?
Haberstich: Meines Wissens nicht. Bauernregeln sind Überlieferungen aus alter Zeit. Als die Bauern noch überwiegend Selbstversorger waren und es weder Lehrbücher noch meteorologisches Wissen gab, mussten die Landleute eine Möglichkeit finden, das Wetter besser vorhersagen zu können. Demzufolge beobachteten sie die klimatischen Zusammenhänge am Verhalten des Windes, der Wolken, der Lufttemperatur und der Luftfeuchtigkeit sowie an der Tier- und Pflanzenwelt.

KI: Warum haben sich Ihrer Meinung nach die Religionen nicht auf eine einheitliche Zeitrechnung geeinigt?
Hartmann: Es ist nicht Aufgabe der Religionen, sich untereinander auf eine Zeitrechnung zu einigen. Doch sollte man auch festhalten, dass sich der (christliche) Gregorianische Kalender von 1582 allgemein in der Welt durchgesetzt hat, inkl. der Siebentagewoche mit dem Sonntag.

KI: Wie ist es zu erklären, dass christliche Feste und Feiertage bis jetzt auf heidnische oder römische Bräuche zurückgreifen?
Hartmann: Die Fragestellung verkennt, dass man höchstens ein christliches Fest in Zusammenhang mit einem römischen bzw. heidnischen Fest bringen kann, nämlich Weihnachten, weil dieses in der Nähe der Wintersonnenwende festgesetzt wurde. Das war das röm. Fest des sol invictus. Das Osterfest und die damit abhängenden Feste im Mai/Juni, haben einen rein biblischen Ursprung. Auch haben die Heiligenfeste keinen Konnex zu heidnischen Ursprüngen.

KI: Herr Haberstich, Herr Hartmann, wir danken für das Gespräch.

Kommentare

Ein sehr interessantes Buch. Habe mich schon viel damit beschäftigt und immer wieder Neues entdeckt.
A. I. Unterägeri

Erstaunlich, was die Autoren zusammengetragen haben, was vor Jahrhunderten das Überleben sicherte und sich bis in die heutige Zeit erhalten hat.
S. L. G. Frümsen